zungensprung

dayliary, 28.02.2016

Konsequent inkonsequent oder doch lieber inkonsequent konsequent? Wen kümmert das schon. Österreich spricht nunmehr konsequent – ist dabei inkonsequent, als Sozialstaat und als Kreisky-Erbe-Land – mit blauer Zunge und mit gespaltener. In so einen Spalt da fällt schon mal was rein, da kann schon mal was reinfallen lassen oder man verschluckt einfach was und aus dieser tiefen Furche es dann wieder rauskriegen? Unmöglich. Blauäugig. Einmal hineingefallen, nie mehr gehört, nie mehr gesehen. Versunken im tiefen fleischigen Schlund der mit blauen Adern durchzogenen Fresse, der großen Fresse, die niemals ihre Klappe halten kann. Klappe auf: stellen sich mal eine blaue gespaltene Zunge vor. Eklig diese Vorstellung. Anders eklig als ein wabligger Hintern, ein männlicher oder weiblicher, ein wabbliger Hintern eben. Die Lieblingsstelle bei Sartre. Wovor Sartre sich ekelte. In einer Fastfoodkettenwelt lebt sichs mit einer derartigen Ekeleigenschaft nur recht schlecht. Mehr recht als schlecht? Oder nein, umgekehrt wars, mehr schlecht als recht. Wer immer recht hat, ist schlecht dran, vor allem wenn er schlecht recht haben kann. Niemand kann schlechthin immer recht haben. Auch das behaupten die blauen, gesprungenen und gespaltenen sprungzungensprechenden Österreicher, immer recht zu haben. Kann man das Recht haben? Ich hätte gerne recht. Ja, und es darf etwas mehr sein. Das Recht, der Recht, die Recht? Wer hat recht? Womit? Ein Recht worauf? Rechts. Rechtens? Es rechnet sich. Vollkommen egal, den Blauzünglern sind Recht und Entrechtete aus mir völlig absurden Gründen recht egal, rechts egal, rechtslegal? Legalität? Legitimität? Liquidität? Die Rechtlosen, die Rechtslosen und die Gerechten – alle egal, oder werden von der blauen Zunge abgeschleckt und eingeschleimt, bis sie sich triefend vor blauer Spucke und eingespeichelt von diesem blauen Schleim zurück ins Fangnetz der blauen Phase begeben müssen. Rechts ranfahren. Ans Netz. Kleben bleiben. Rechtsgedreht, Rechtsverdreht. Recht verdreht?

autorin: tanja peball

veröffentlicht in: perspektive – hefte für zeitgenössische literatur, ausgabe september 2016