dayliary, 10.03.2016
es ist als ob man etwas zu ende denken will unbedingt zu ende denken muss, was jedoch überhaupt nicht möglich ist. etwas zu ende denken von dem man teil ist, von dem so viel abhängt, von dem man sich überhaupt nicht durch die fürchterliche verstricktheit loslösen, distanzieren kann, eine unmöglichkeit. deshalb ja auch die ontologie. eine ontologie der unmöglichkeit. ein nihilismus? ein endloses nullsummenspiel für die immergleichen die mit immergleichen einsätzen und viel höheren, den einen gleichen und den anderen gleichen aber immer ihresgleichen mehr zuschanzen. ihresgleichen versteht sich bestens mit seinesgleichen, mit meinesgleichen aber nicht. ihres – und seinesgleichen können dabei schon auch mal über leichen gehen, ganz gleich, am ende gleicht sich das alles schön aus. und weil man eben nicht zu ende denken kann und auch nicht mag, aber sorry, das war auch nie der plan, mal etwas zu ende zu denken, ist es auch ganz gleich, dass es immer weiter läuft und nicht aufzuhalten ist, macht man eben weiter ohne es zu ende zu denken, ohne darüber nachzudenken. man macht weiter solange vor dem eigenen fenster, durch welches die dunkelheit hereinbricht in den schöner wohnen innenraum und ihn ausfüllt bis man nur mehr den kleinen bildschirm vor sich leuchten sieht, bis es endlich an der tür klopft, an der hintertür, und einem das ganze paket präsentiert und abgeladen wird, vor der eigenen haustür, persönlich zugestellt. entschuldigen sie, kann ich nach vorne hin eventuell noch raus? geht das? nein, es tut uns herzlich leid, aber nach vorne hin haben wir keine türen offen gelassen, es ist geschlossen, alles geschlossen, es ist zu, sie können nicht mehr raus – aber sie müssen wissen, auch wir, wir können nicht mehr rein! aber das ist überhaupt kein nachteil, denn wir wollen ja gar nicht mehr rein! wir gleichen uns so wenig, wir gleichen uns auch schon lange nicht mehr aus und sie mit ihren ganzen leichen im keller, sie sind uns sowieso suspekt, nein, ganz gleich was sie jetzt sagen zu ihrer seltsamen verteidigung, sie können da jetzt nichts mehr ausgleichen, wenn sie wollen können sie sich angleichen aber sie werden niemals gleich sein wie wir, denn wir hier, wir sind und waren nämlich schon immer gleicher.
autorin: tanja peball
veröffentlicht in: perspektive – hefte für zeitgenössische literatur, ausgabe september 2016